Mittwoch, 29. August 2012

Vor zehn Jahren...

Lan-Party in der Gesamtschule: 70 Spieler liefern sich computeranimierte Schlachten auf Leben und Tod
Hüllhorst. Die Gesichter sind unter einer schwarzen Sturmhaube verborgen. Im Laufschritt durchqueren die fünf Terroristen die Gassen. Schüsse fallen, Mündungsfeuer blitzt auf. Der vermummte Trupp ist in einen Hinterhalt geraten. "Oh, übel. Jetzt haben sie uns alle weggenudelt."

Die Mensa der Gesamtschule Hüllhorst hat sich am Wochenende in ein virtuelles Schlachtfeld verwandelt. Dort, wo sonst die Schülerinnen und Schüler ihre Mahlzeiten einnehmen, lieferten sich rund 70 Gamer (Spieler) computeranimierte Duelle auf Leben und Tod. Auf einer großen Leinwand in der Mitte des Raumes projiziert, leuchtet der Titel der Netzwerkparty: "OWL LAN 1.0". Mit großen Vorhängen an den Fenstern haben sich die Teilnehmer für 48 Stunden von der Außenwelt abgekapselt. Von Freitag, 15 Uhr bis Sonntag, 15 Uhr sitzen sie vor ihren Bildschirmen. Es wird gezockt, geflucht und sehr wenig geschlafen. "Dass man sich beim Kampf beschimpft, ist normal."

Sechs Mal am Tag kommt ein Döner-Taxi. Dann werden die Bestellungen aufgenommen. Cola und Energy-Drinks sind wichtige Mittel, um sich wach zu halten. Und wenn selbst das Koffein versagt, zieht man sich für einige Zeit in die auf dem Flur eingerichtete Schlafecke zurück. Das wohl beliebteste Lan-Party-Spiel heißt "Counter Strike". Bei diesem realistischen 3D-Shooter spielen zwei Teams mit je fünf Spielern gegeneinander. Das eine Team bewegt Polizisten und versucht entweder Geiseln zu befreien oder aber die von den Terroristen gelegte Bombe zu entschärfen. Das andere Team muss eben diese Missionsziele verhindern. Gespielt wird in einem Doppel-K.O-System. Und dasjenige Team, das sich gegen die Konkurrenten in unzähligen Gefechten durchzusetzen vermochte, gewinnt das Turnier.

Die wohl am häufigsten während der Gefechte geäußerten Wörter sind "Cheater" (Mogler) und "Lamer", was so viel bedeutet wie "Lern erst mal richtig spielen". "Dass man sich beim Kampf beschimpft, ist normal. Hinterher ist alles wieder in Ordnung", sagt Michael Riemer, ein junger Hüllhorster aus dem achtköpfigen Organisationsteam. Er selbst mag das Spiel "Counter Strike" nicht. "Quake 3 Urban Terror", ebenfalls ein 3D-Shooter, ist ihm lieber. Doch seit er sein Studium in Bielefeld begonnen hat, bleibt ihm dafür nur noch wenig Zeit.

Vor etwa drei Jahren hat es schon einmal eine derartige Netzwerkparty in der Gesamtschule gegeben. Damals war Jugendpflegerin Edith Schwarze, die das Treffen der Gamer mitveranstaltet hat, noch etwas skeptisch gegenüber diesen realistischen Ballerspielen. Doch "ich fand, dass es eine gute Sache ist. Die Leute lernen sehr viel über Computer. Und da es damals sehr gut lief, war ich auch jetzt wieder bereit, eine solche Netzwerkparty mitzuveranstalten", sagt die Jugendpflegerin. Zwar seien die Spiele voller Gewaltszenen. "Das Publikum aber ist alles andere als gewalttätig", konstatiert Edith Schwarze, die darauf hinweist, dass die Teilnehmer mindestens 18 Jahre alt sein mussten, um teilnehmen zu dürfen.

VON WALDMAR FREITAG (NW-Redaktion), Neue Westfälische, März 2002

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